Ariane (60): „Alles ist anders, aber nicht weniger lebenswert“

Bild einer jungen Frau in einem Kornfeld

Welche Gedanken habe ich mir damals gemacht, als ich schwanger wurde? „Lieber einen Jungen, da passiert nicht so viel. Mädchen sind gefährdeter ...“ Es wurde ein Mädchen, und wir waren glücklich. 13 Jahre lang war unser Leben mit den alltäglichen Aufgaben völlig im normalen Rahmen verlaufen und nun? Alles ist anders, aber nicht weniger lebenswert.

Unsere Tochter Sophie ist seit zwölf Jahren magersüchtig. Anfangs Unglauben, Verzweiflung, Ohnmacht, Schuldgefühle, viele Tränen. Dann Akzeptanz und das Entwickeln von Überlebens- und Handlungsstrategien. Abschiednehmen von dem Kind, das es nicht mehr gab. Dies war und ist immer noch sehr schwer auszuhalten.

Während eines Psychiatrieaufenthalts und auch danach ging es unserer Tochter sehr schlecht, sie war deprimiert und zog sich radikal zurück, ganz zu schweigen von ihrem höchst merkwürdigen Essverhalten. Wir als Eltern fühlten uns schrecklich überfordert. Unterstützung haben wir keine erfahren, und so machte ich mich auf die Suche nach Hilfe und fand die Selbsthilfegruppe. Nicht mehr mit all den Sorgen und der Verzweiflung alleine zu sein, auf Menschen zu treffen, die verstehen, worüber ich spreche und die wissen, wie es in mir aussieht, auch wenn ich keine Worte dafür hatte, hat mich allmählich aus dem tiefen Loch gezogen, in das ich gefallen war.

Ich habe gelernt, über Grenzen nachzudenken und mein Verhalten zu reflektieren. Ich konnte mich gestärkt den schwierigen und nervenzermürbenden Situationen stellen – ein harter Weg mit vielen Höhen und Tiefen. Aber: Ich kann wieder lachen, ohne deswegen ein schlechtes Gewissen zu haben.

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