Sonja: „Ich trank eine Woche ununterbrochen“

Um meinen 40. Geburtstag herum merkte ich, dass mein Trinkverhalten nicht mehr normal war. Denn ich trank nicht nur abends mein Bier, sondern inzwischen auch tagsüber. Allerdings dachte ich zu diesem Zeitpunkt, noch alles im Griff zu haben.

Ich war halbtags berufstätig. Als mein Sohn auf die Realschule wechselte und seinen eigenen Interessen nachging, hatte ich plötzlich viel Zeit für mich, die ich jedoch nicht sinnvoll zu nutzen wusste. Ich begann heimlich zu trinken, aber meinem Mann blieb das nicht verborgen.

Nach der ersten Entgiftung wurde ich schnell wieder rückfällig. Unter Alkoholeinfluss verursachte ich einen Unfall mit Blechschaden, was zur Folge hatte, dass mir der Führerschein entzogen wurde. Anschließend machte ich eine ambulante Therapie und schaffte es, anderthalb Jahre trocken zu bleiben.

Aber dann starb mein Mann. Die Trauer und die Probleme in der Familie ließen mich wieder zur Falschen greifen. Nun reicht aber auch der Wein nicht mehr, um die gewünschte Wirkung zu erreichen, ich stieg um auf Wodka.

Wieder begab ich mich in die Entgiftung und machte eine achtwöchige Langzeittherapie und anschließend eine einjährige ambulante Therapie. Es folgen aber wieder Rückfälle. Den Vorsatz abstinent zu leben, konnte ich nicht eingehalten. Im Sommer 2017 hatte ich meinen letzten Rückfall: Ich trank eine Woche ununterbrochen, obwohl ich merkte, wie ich psychisch und körperlich immer mehr verfiel. Aber jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, an dem ich sagte: „Ich kann nicht mehr!“ Volltrunken legte ich mich auf die Terrasse unseres Hauses und hoffte, dass mich dort jemand finden würde. Es war mein Sohn, der mich in meinem erbärmlichen Zustand antraf und zur Entgiftung brachte. Im Anschluss machte ich eine vierwöchige Reha.

Bis zum heutigen Tag bin ich trocken. Ich lebe inzwischen ruhiger, gelassener und fühle mich nicht mehr wie früher für alles verantwortlich. Ich habe gelernt, mich abzugrenzen und auch mal Nein zu sagen. Meinen Führerschein habe ich inzwischen auch wieder. Unterstützung, um meine Abstinenz zu leben, geben mir die Besuche der Selbsthilfegruppe des Deutschen Frauenbundes für alkoholfreie Kultur. Außerdem mache ich einen Suchthelferkurs: Ich will

mein Wissen weitergeben, wie man der Alkoholfalle und damit der Abhängigkeit entflieht.

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