Fidley (36): „Ich verlor meine Wohnung mit meinem ganzen Hab und Gut und geriet in die Obdachlosigkeit.“
Mit 17 wollte ich an den Wochenenden Spaß habe. Zum Vorglühen für die Disko empfahlen mir Freunde Cannabis. Das war der Einstieg. Ich wohnte noch zu Hause, aber von dem Drogenkonsum merkten meine Eltern nichts. Kurze Zeit später trennten sie sich. Meine Mutter zog zu ihrem Freund, und ich blieb mit meinem Stiefvater in der Wohnung. Aber zu Hause gab es immer öfter Konflikte, und so zog ich zu meinem Freund ins Asylheim.
Mit 18 Jahren zog ich mit dem damaligen Partner in eine eigene Wohnung, und mein erstes Kind wurde geboren. Während der Schwangerschaft konsumierte ich kein Cannabis. Tabak ich absolut nicht mehr riechen, mir wurde schlecht davon. Nach der Geburt meines Sohnes habe ich wieder angefangen Zigaretten und kurze Zeit später auch Cannabis zu rauchen.
Ich wurde bald wieder schwanger und konnte während der zweiten Schwangerschaft nicht aufhören zu konsumieren – Alkohol kam auch noch dazu. Auch nach der Geburt hörte ich nicht auf. Bald trennte ich mich vom Kindsvater und hatte wenig später einen neuen Partner. Bei ihm mussten meine Kinder und ich häusliche Gewalt erleben. Mein Cannabiskonsum stieg in dieser Situation auf bis zu fünf Gramm täglich – und mehr. Ich verlor meine Wohnung mit meinem ganzen Hab und Gut und geriet in die Obdachlosigkeit.
Stationen einer Therapie
Ich trennte mich von meinem Partner. Inzwischen war der Vater der Kinder vom Jugendamt benachrichtigt worden und die Kinder kamen zu ihm. Ich zog in ein sozialtherapeutisches Wohnheim. Um meine Kinder sehen zu dürfen, folgte ich der Auflage des Jugendamts und blieb dort bis zur Entgiftung. Danach folgte eine stationäre Langzeittherapie für Jugendliche und dann wieder das betreute Wohnen. Kurz nach der Langzeittherapie wurde ich durch Freunde und Stress wieder rückfällig. Ich zog in eine eigene Wohnung und hatte begleitenden Umgang durchs Jugendamt mit meinen Kindern.
2009 bekam ich die Möglichkeit, eine Ausbildung über die Reha-Abteilung vom Arbeitsamt zu machen. Die einzige Voraussetzung war, dass ich clean werde. Daraufhin machte ich nochmal eine Entgiftung. Seitdem habe ich regelmäßigen Kontakt zu meinen Kindern. Sie kommen alle 14 Tage am Wochenende und die Hälfte der Ferien zu mir. Nebenbei startete ich auch eine ambulante Therapie. In der „Arbeitserprobung“ hatte ich die Möglichkeit, mir mehrere Berufe anzuschauen. Ich entschied mich für eine Ausbildung als Zierpflanzengärtnerin, die ich erfolgreich abgeschlossen habe.
„Eine dumme Blitzentscheidung ...“
Vier Jahre lang blieb ich clean. Zwischendrin verlor ich nochmals meine Wohnung und zog wieder ins Betreute Wohnen. Es war eine dumme Blitzentscheidung, die in einen massiven Rückfall endete: In der Endphase der Ausbildung war der Stress groß, ich musste aus dem Betreuten Wohnen ausziehen und fand keine Wohnung, die ich brauchte, um zu entspannen und den Kopf leer zu bekommen.
Ich entschloss mich, ins betreute Einzelwohnen für psychisch Erkrankte zu gehen, denn dort unterstützte mich eine Sozialarbeiterin und ich bekam die Möglichkeit zu einer psychosomatischen Therapie. Daraufhin machte ich nochmal eine Entgiftung und anschließend eine Trauma-Stabilisierung. Seitdem bis zum heutigen Tag bin ich clean und trocken. Egal, welchen Mist ich erlebt und erfahren habe, immer hatte ich Kontakt zu meinen Kindern. Mit Hilfe einer Selbsthilfegruppe bin ich wieder eine selbstbewusste Frau geworden, die mit beiden Beinen im Leben steht.